Schon wieder ein Toter in den Händen des Staates

Anfang 2014 erhängte sich ein 16-Jähriger Gefangener in „seiner“ Zelle der Jugendvollzugsanstalt (JVA) Stadelheim. Die öde Medienlandschaft der Herrschenden berichtet kaum darüber, und diejenigen die berichten, spekulieren über den „mysteriösen Tod“ des Häftlings, da er „nur“ drei Wochen zu sitzen hatte und sich eigentlich auf sein tolles „Leben“ in „Freiheit“, um sein Schulabschluss nachzuholen und der Lohnsklaverei überlassen zu werden, vorbereitete.
Fakt ist auf jeden Fall, dass sie ihm eine „Aufmerksamkeitsstörung“ einredeten und da er die verordneten Medikamente (Ritalin) nicht einnahm, für eine Sonderbehandlung auf die Krankenstation gebracht wurde. Was solch eine Sonderbehandlung für sogenannte „Kranke“ heißt, erfährt man durch Menschen, die das Glück hatten den Knast oder die Psychiatrie zu verlassen und von den zwangsmäßig eingeführten Drogen „frei“ zu werden: Da tummeln sich 4-5 Leute (Pfleger, Ärzte, Aufseher) um dich herum, halten oder ketten dich fest und unter Androhung von körperlicher Gewalt, stopfen sie dich voll mit “Medikamenten”.
Wie es in diesem Fall aussah, ob der „Kranke“ sich freiwillig „heilen“ und „helfen“ lassen wollte etc. ist alles reine Spekulation und vielleicht auch gar nicht so wichtig. In den frühen Morgenstunden des Folgetages, nach der Nacht auf der Krankenstation, nahm er sich das Leben.

Der Staat, eine tödliche Realität…
Tagtäglich sterben Menschen durch die Würgehände des Staates, seiner Handlanger und der Verhältnisse in den wir „leben“. Leute die bei Abschiebungen ersticken, weil sie einen Helm aufgesetzt bekommen und mit dem Kopf nach unten gedrückt werden, oder falls sie nicht ersticken, in „ihrem Heimatland“ angekommen verhungern, verfolgt oder getötet werden. Die Leute die in den Kriegen des Staates für seine oder gegen seine Interessen sterben. Diejenigen die von Bullen erschossen werden, in den Knästen und Psychiatrien sterben und diejenigen welche sich das Leben nehmen, weil sie diesen Zustand nicht mehr ertragen können.
Für all diese Tode, die so zahlreich auftreten, sodass man sogar von Normalität sprechen kann, sind der Staat und die Gesellschaft verantwortlich. Hierbei geht es nicht um „Schuld“ oder „Unschuld“, das ist lediglich die Sprache der Herrschenden, die die Verantwortung für unser aller Leiden tragen und von ihren freiwilligen Knechten, die ihnen auch noch applaudieren und sich wohl fühlen sich jeden Tag aufs neue zu unterwerfen.

Egal wie unantastbar, komplex und abstrakt der Staat erscheint im Gegensatz zu den früheren (personifizierten) Verhältnissen (König, Adel usw.), durch seine Handlanger bekommt er ein Gesicht. Ob es der Wärter ist der sich dazu entscheidet Zellen auf und zu zu sperren, der Richter der verurteilt, der Bulle der eine Knarre trägt und versprochen hat das Eigentum und den Staat zu schützen und so weiter. Der Staat ist eine Beziehung unter Menschen, die Beziehung der Herrschaft. Woraus ergibt sich der Staat? Aus den Menschen die ihn beschützen, verteidigen, akzeptieren und freiwillig erhalten. All diese Menschen tragen die Verantwortung für die täglichen Tode.

Zu den Suiziden…
Nun werde ich mir nicht zur Aufgabe machen die Gründe des Häftlings oder all der anderen Menschen die sich das Leben nahmen zu ermitteln, denn von denen gibt es zu genüge, im Angesicht eines „Lebens“, welches nicht lebenswert ist. Eigentlich nehmen wir Ausgebeutete und Ausgeschlossene uns täglich ein Stück weit das Leben, durch Kompromisse mit der Herrschaft, durch die Abgabe unserer Kreativität und Fähigkeiten an die Herrschaft oder schlicht durch das Ertragen der Herrschaft. Der Suizid ist die logische Konsequenz, die Zuspitzung des täglichen Selbstmordes, den wir alle begehen.

In dem Akt der Selbsttötung des 16-Jährigen erkenne ich mich wieder, genauso wie bei jedem anderen Selbstmord auch, jedoch nicht in seinen Beweggründen, schlicht aus dem Grund weil ich diese gar nicht wissen kann, ich meine eigenen hätte, wie auch jeder andere Mensch der sich tötet seine eigenen hat. Dieses Leben ist trist, einsam, kalt und kann uns keinen warmen Platz zum Überwintern geben. Diejenigen die aus dem Knast raus kommen, kommen nicht in die Freiheit, weil es diese in der Herrschaft nicht gibt, sie uns nicht gegeben werden kann und sie auch von nichts und niemand gesichert werden kann – nur wir alleine können uns Freiheit nehmen!

Was versprechen sich die Menschen im Tod durch Suizid zu finden? Die Erlösung? Die Freiheit?
Fürwahr die Selbsttötung ist der einzige Weg wo das Erlangen der Freiheit eine Art Erlösung ist. Man wird von allem frei, man wird alles los, zugunsten von sich selbst ist man der ganzen negativen Scheiße, dieser Welt, diesen Knast dann los, also frei davon, doch man ist nicht mehr frei zu handeln, man ist nicht frei zu leben, weil man nicht mehr lebt. Man wird alles los, sogar das nackte Leben, vielleicht trifft Existenz es an diesem Punkt besser, man existiert einfach nicht mehr.

 

Also ist es eine Art Freiheit die man nicht genießen kann, denn man ist tot.
Ich würde Freiheit mehr mit Leben gleichsetzten, jedoch ist das was uns als Leben verkauft wird kein Leben, es ist lediglich ein Abbild unseres Funktionieren und Konsumieren. Leben kann man nur wenn man sich das Leben aneignet, in dem Maße wie es heute nur möglich ist sich Freiheit anzueignen. Freiheit ergreift man durch die Abwesenheit der Herrschaft, also im Bruch mit dieser. In einem generalisierten Aufstand oder im Heute durch die individuelle Revolte, deren Akte sich verbreiten und schließlich zu einem Aufstand führen können.

 

Verwandeln wir unsere Trauer und unsere Wut auf uns selbst lieber in selbstbewussten und destruktiven Hass gegen diese Welt und schöpferische Kreativität, Mut, Entschlossenheit und Liebe für uns selbst, unsere Komplizen und Gefährten im Kampf gegen diese Welt und ihre Logik. Fangen wir an zu Kämpfen und zu Leben. Fangen wir an uns Freiheit zu nehmen, anstatt zu warten und täglich zu krepieren. Es besteht kein Sinn darin eine Verbesserung der Verhältnisse und des Knastsystems zu fordern. Schranken können nur abgebaut, Konstrukte nur dekonstruiert und die Verhältnisse (Der Staat usw.) nur zerstört werden. Damit nichts bleibt wie es ist, weil wir es verändern und selbst in die Hand nehmen.

Begegnen wir uns im Kampf, damit wir uns frei begegnen!

 

Suchen wir die Freiheit nicht im Tod, denn da ist sie nichts wert, sind wir nicht mehr – fangen wir lieber an sie im Leben zu suchen! Für die Revolte!