Ich hasse Denunzianten

Über eine der widerlichsten “deutschen Tugenden”: das Anschwärzen

“Die Polizei bittet um Ihre Mithilfe”, “Falls Sie etwas gesehen haben oder sachdienliche Hinweise geben können, wenden Sie sich bitte an das Kommissariat XY oder jede andere Polizeidienststelle”, “bei einem Verdacht zögern Sie nicht und wenden Sie sich an den Notruf 110”

Zur Denunziation und “Mithilfe bei der Aufklärung von Verbrechen”, im Sinne des “Allgemeinwohls” oder der “Volksgemeinschaft”/“Volksgesundheit“ wird und wurde hierzulande schon oft eindringlich aufgerufen. Gerade in besonders diktatorischen und faschistischen Zeiten und in Phasen, wo eine einheitliche Interpretation der Welt, ein einheitlicher Glaube durchgesetzt werden soll. Die in Teilen der Gesellschaft verbreitete Bereitschaft zum Petzen, ebenso wie unter vielen Unangepassteren die Angst davor, prägten und prägen wohl solche gesellschaftlichen Situationen, sei es im NS, der DDR, während der Hexenverfolgung der Frühen Neuzeit oder der aktuellen Entwicklung von Verordnungen, Seuchenschutzgesetz und Ausgangsbeschränkung.

Sei es nun aus der charakterlichen Leere willenloser Gesetzestreue oder weil es jemanden tatsächlich stört was ich tue, so oder so finde ich es widerlich, feige und unehrlich, mir das nicht selbst mitzuteilen, mich persönlich damit zu konfrontieren, sondern heimlich (oder mit Androhung) die Bullen zu rufen und so eine Auseinandersetzung über unseren Konflikt zu vermeiden.

Gerade wenn jemand heimlich denunziert, legt das für mich nahe, dass er/sie sich seiner Lächerlichkeit bewusst ist und es eigentlich selbst für “nicht richtig”, “unehrenhaft” oder so hält und deshalb nicht dazu stehen will.Für eine ähnlich verlogene Haltung spricht es, sich hinter hohlen Sätzen und Begründungen wie “das darf man nun mal nicht”, “nur seinen Bürgerpflichten nachgehen”, “Sicherheit”, “ich wollte dir doch nichts böses” etc. zu verstecken, also die Bedeutung von dem, was man tut, nämlich Strafe, Misshandlung und evtl. länger andauernde Schikanen auf jemanden zu lenken, zu leugnen. Darüber hinaus zeigt solches Gelaber, dass so einmöchte-gern-Blockwart sich nicht einmal wirklich selbst betroffen fühlt, sondern sich bloß in anderer Leute Leben einmischt.

Nun könnte ich spekulieren warum… eine gescheiterte Stasi-Karriere? Aus reiner Langeweile (aus fehlendem Mut das eigene Leben in die Hand zu nehmen und interessant zu gestalten, sodass vor Leere nur das Einmischen bei anderen bleibt)? Oder aus Neid? Vielleicht weil die Nachbarn trotz Kontaktverbot Freunde zu Besuch haben und er das auch gern hätte, sich aber nicht traut, und den Nachbarn nicht gönnen will, was er selbst gern hätte? Weil er sich nicht ständig darüber ärgern will, dass er sich nicht traut, was sich seine Nachbarn trauen? Dabei wären die Bullen doch allzu oft beider gemeinsames Problem…und sie würden besser damit weg kommen sich gegen sie zu verbünden, gegenseitig vor den Schweinen zu warnen (zu verteidigen, sie anzugreifen), statt sich von ihnen gegeneinander ausspielen zu lassen.

Und selbst wenn nicht, selbst meinen Feind würde ich nicht bei den Bullen denunzieren. Denn was eindeutig ist, ist dass die Polizei mein Feind ist. Und, dass wenn ich jemand bei ihnen verpetze, ich ihnen helfe. Und einen meiner größten Feinde unterstützen, dass will ich auf keinen Fall. Ganz egal, ob ich dadurch eventuell irgendjemand anderem, den ich nicht mag, Schaden zukommen lassen könnte. Das will ich (wie ich es oben auch schon von meinen Mitmenschen gegenüber mir selbst einfordere) wenn schon selbst tun. Direkt. Nicht über irgendwelche Mittelsmänner, Ausführende, Gesetzeshüter, Söldner, Handlanger.

Nun, warum auch immer also jemand uns (oder andere) (bei den Bullen) denunziert: Lassen wir uns nicht von irgendwelchem ausweichenden Gefasel einlullen und behandeln wir Denunzianten für das, was sie unleugbar tun, nämlich die Gewalt des Staates auf uns zu richten. Und darüber hinaus allen Unangepassten die ständige Angst zu geben, verraten zu werden, in ständigem Misstrauen jedem Unbekannten – es könnten ja ein Verräter sein – gegenüber leben zu müssen, sie einzuschüchtern.Würde nun irgendjemand daher kommen und mich oder meine Freunde verprügeln (die Bullen nennen es „Unmittelbaren Zwang“ oder „kontrolliert zu Boden bringen“), entführen (verhaften), erpressen (z.B. gewöhnliche Geldstrafen, für die du wenn du nicht zahlst in Ersatzhaft gesteckt wirst), so wäre es für die meisten selbstverständlich, das nicht zu akzeptieren, sich zu wehren (auch mit Gewalt). Da all diesgenau das ist, was uns auch die Bullen mit Hilfe der Denunzianten zufügen, warum bewerten allzu viele ihr Handeln nicht so? Wäre nicht die gleiche Reaktion und Gegenwehr ihnen gegenüber das einzig angebrachte?Wenn also, wie schon weiter oben gesagt, Denunziation stets im Interesse der Herrschenden ist, da es ihr Prinzip ist, jemandem in einer Machtposition über Untertanen zu berichten, die sich nicht an seine Gesetze halten; Ist es dann nicht offensichtlich dumm und zum Nachteil aller Ausgebeuteten und Unterdrückten, Denunziation zu akzeptieren oder auch nur zu tolerieren, nichts dagegen zu unternehmen? Bedeutet es nicht einfach nur auf die Propaganda der Macht hereinzufallen, die im vollen Bewusstsein ihrer Vorteile durch Denunziation, ja ihrer Abhängigkeit davon, den Verrat belohnt, fordert, den Verrätern Sätze zur Verharmlosung ihrer Verantwortung bereit legt? Ich denke, es gilt sich also zu wehren, mit allen uns angemessen und notwendig (was das ist, muss jede für sich selbst entscheiden) erscheinenden Mitteln. Denn diese Leute sind verantwortlich dafür, dass Menschen bestraft, geschlagen, eingesperrt werden, genauso wie die beteiligten Bullen und Richter. Zerren wir sie hervor hinter ihren Telefonen, Uniformen und Gesetzbüchern und zeigen ihnen und allen, was wir von ihren Entscheidungen und Taten halten!