Über die Aufrüstung bei der MVG und die Ausweitung der Kontrolle(n)

Auf unserem täglichen Weg in die Arbeit, Schule, zum Einkaufen und sonst wohin benutzen wir öffentliche Verkehrsmittel, um von Punkt A nach B zu gelangen. Die MVG freut sich über den Kundenansturm, wobei sie aber gleichzeitig bedauerlicherweise die Fahrpreise Ende 2014 erhöhen musste wegen „erhöhtem Fahrgastaufkommen“ und neuen technischen Errungenschaften, wie dem „dynamischen Fahrgastinformationssystem“, das Werbung und Nachrichten anzeigt (falls jemand mal nicht sein Smartphone dabei hat, um stumpfsinnig darauf herumzutippen), oder die neue tolle „Avenio“-Trambahn mit „zwei zusätzlichen Türen“ (und unendlich viel mehr installierten Kameras), kostenlose W-Lan Hotspots an einigen U-Bahnstationen (was leicht ermöglicht, Bewegungsprofile zu erstellen, wo sich dein liebstes Smartphone überall in der Stadt eingeloggt hat). Und im Frühjahr 2015 sollen auch die Preise fürs Schwarzfahren, äh Verzeihung, „erhöhtes Beförderungsentgelt bei einer Dienstleistungserschleichung“ von 40€ auf 60€erhöht werden, denn Schwarzfahrer kosten die MVG jährlich um die 10 Millionen Euro, und das auf Kosten der zahlenden, ehrlichen MVG-Kunden. So eine Schande, oder nicht?

Auch auf anderen Ebenen soll aufgerüstet werden: Die MVG hat angekündigt, die Ticket-Kontrollen wesentlich zu erhöhen, sie will sogar auf externe Dienstleister zurückgreifen und damit noch nicht genug: Schon jetzt sperren Kontrolleure mit Bullen zusammen ganze Stationen an den Ausgängen, um die Tickets aller zu kontrollieren, die raus wollen (z.B. am Sendlinger Tor, Stachus oder Max-Weber-Platz). Gleichzeitig werden schon seit geraumer Zeit einige U-Bahnhöfe in der Innenstadt saniert, wie das Sperrgeschoss im Hauptbahnhof und unterm Marienplatz und bald auch die Haltestelle Sendlinger Tor (und das für schlappe 80 Millionen Euro).

Der Zweck hinter dem Ganzen? Auch nicht geheim gehalten: Schnelleres und unkomplizierteres Umsteigen zwischen den verschiedenen Linien, Möglichkeit der Anbindung von kleinen Restaurants und Geschäften an den Untergrund (wie z.B. die Bahnsteig-Bäckerei Cuccis, die „zur Verbesserung des Sicherheitsgefühls beitragen soll“ und von wo aus die Verkäufer per Notrufknopf direkt das MVG-Betriebszentrum in Moosach alarmieren können) und natürlich ein attraktiveres äußeres Erscheinungsbild, das die Massen zu gesteigerter Kauflaune anregen soll, auf ihrem Weg in die Innenstadt. Aber welche Rolle spielt die MVG überhaupt in unserem alltäglichen Dasein?

Wenn man die Funktion der MVG mal genauer betrachtet, stellt man unweigerlich fest, dass sie ihren unersetzlichen Teil zum reibungslosen Ablauf der täglichen ökonomischen Prozesse beiträgt: Jeder gelangt zu seinem Arbeitsplatz, leistet dort seinen Anteil zum Funktionieren des Waren- und Dienstleistungsaustauschs und gliedert das verdiente Geld dann wieder beim Einkaufen in den Kapitalfluss ein. Ohne Transport-System keine funktionierende Wirtschaft.

Die MVG begründet die Fahrpreiserhöhungen vor allem mit der immer größeren Zahl an Fahrgästen, die in die Arbeit und zum Konsum gefahren werden wollen. Dass einige U-Bahnhöfe renoviert werden, „sicherer“ durch Installation von immer mehr neuen, leistungsfähigeren Kameras gemacht werden, um für die immer größer werdenden Massen Konsumierender, Touristen und Yuppies auch attraktiv zu sein (denn das schicke München duldet keine Obdachlosen, Bettler, Vandalismus, Sprüherein oder Tags in und an den öffentlichen Verkehrsmitteln oder in deren heiligen Hallen), ist dann wohl der „angenehme“ (kleine) Nebeneffekt der Fahrpreiserhöhungen.

Besagte Leute, die das Nahverkehrsnetz nutzen sind dann schnell mal auch entrüstet, wenn sie mit Schwarzfahrern konfrontiert sind: „Du nimmst eine Dienstleistung in Anspruch, also musst du auch dafür zahlen. Hier macht niemand was umsonst!“ Dabei dürfte eigentlich klar sein, dass man mit Schwarzfahren wohl weniger seinen Mitfahrern als der MVG schadet.

Diese verfolgt ihren Kurs sehr konsequent: Wenn du keine Fahrkarte hast: Geldstrafe, bei Wiederholung und kein Geld: Knast. Eigentlich keine Überraschung in einer Welt, in der das einzige, was zählt der in Geld gemessene Gegenwert einer Leistung ist.

Einer Welt, die mir von klein auf ihre Regeln des Geldes, der Arbeit und des Gehorsams auferlegt hat, denen ich mich zu fügen habe. Deshalb bleibt meine Antwort auf Autoritäten, Gesetze und Kontrolleure immer der Ungehorsam, deswegen fordere ich nicht vom Staat, er solle doch die Armen mehr begünstigen und ein kostenloses Nahverkehrsnetz finanzieren, denn ich begründe Schwarzfahren nicht damit, kein Geld zu haben! Ich begründe es mit der Erkenntnis, dass die MVG, DB usw. gut geölte Rädchen im System der alltäglichen Routine, der Verwaltung unserer aller Leben sind, die es anzugreifen gilt, wenn wir unsere Leben nicht weiterhin von Autoritäten und Zwängen fremdbestimmen lassen wollen.

Da ich mich dieser Welt nicht einfach entziehen kann, muss ich die Errungenschaften des technischen Fortschritts (zur Fortbewegung) bis zu einem gewissen Grad nutzen, um zu meinem Job oder sonst irgendwie an Geld zu kommen und mich mit Lebensmitteln zu versorgen. Das einzige was mir dabei bleibt, ist, so wenig wie möglich für den Erhalt dieser Strukturen zu tun und sie viel mehr in ihrem reibungslosen perfekt geplanten Ablauf zu stören.

Dafür gibt es viele Mittel und Wege… Das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln und das Sich-Bewegen in den U-Bahnhöfen der MVG ist für Kauffreudige und Wohlhabende nicht mehr so ein herausragendes Vergnügen, wenn die Scheiben der Verkehrsmittel verkratzt sind, wenn Graffitis sie mit Farbe verschönern, wenn der Fahrkartenautomat ständig nicht funktioniert, wenn sich der neu renovierte U-Bahnhof wegen Vermüllung, Dreck und herumlungernden Leuten nicht in die Aufwertungsprozesse im Viertel eingliedert und für steigende Mieten sorgt, wenn die Hochspannungsleitungen der S-Bahn wegen abwärts fliegenden Gegenständen reißen oder die unter- und überirdischen Kabelstränge neben den Gleisen durchschmoren und den Berufsverkehr für Stunden lahmlegen, wenn sich die wachsamen Kameraaugen der MVG durch Kappen der Kabel schließen müssen…

Kurz, wenn Menschen aufhören, sich wie blind durch den entfremdeten Alltag zu bewegen und die Schwachpunkte erkennen, an denen Sand ins Getriebe gestreut werden kann.