Unter Hühnern…

Als ich noch mein Bett und meine Bücher besaß, war ich glücklich. Jetzt besitze ich neun Hennen und einen Hahn und mein Inneres ist aufgewühlt.

Das Eigentum hat mich grausam gemacht. Immer wenn ich eine Henne kaufte, band ich sie zwei Tage an einen Baum fest, um ihr meinen Wohnsitz aufzuzwingen und ihre schwache Erinnerung an ihr altes Leben zu zerstören. Ich flickte den Zaun in meinem Hof mit dem Ziel die Flucht meines Geflügels und den Einbruch von listigen Füchsen auf vier oder zwei Beinen zu verhindern. Ich isolierte mich und bestärkte die Grenze, indem ich eine verfluchte Linie zwischen mir und meinem Nächsten zog.

Ich teilte die Menschheit in zwei Kategorien: Ich, Besitzer meiner Hennen, und die Übrigen, die sie mir wegnehmen könnten. Ich definierte fortan das Verbrechen. Die Welt füllte sich für mich mit mutmaßlichen Dieben und zum ersten Mal wurde mir von der anderen Seite des Zauns ein feindlicher Blick zugeworfen.

Mein Hahn war noch ziemlich jung… und einmal sprang der Hahn des Nachbarn über den Zaun um meinen Hennen den Hof zu machen und verbitterte meinem Hahn das Dasein. Ich verschwendete Steinwürfe für den Eindringling, aber letztendlich sprangen sie allesamt über den Zaun und legten die Eier im Hofe des Nachbarn. Ich reklamierte die Eier und fortan verabscheute mich mein Nachbar. Seitdem guckt sein Gesicht stetig über den Zaun und sein Blick ist forschend und feindlich, identisch dem meinen.

Einmal überquerten seine Hühner den Zaun und verspeisten den Mais, welchen ich den meinigen gewidmet hatte. Die fremden Hühner erschienen mir wie Kriminelle. Ich verfolgte sie und geblendet durch meine Wut tötete ich eine. Der Nachbar schrieb mir den Schaden zu. Er nahm ernsten Gesichtes den Kadaver seiner Henne zurück und anstatt ihn zu essen, zeigte er ihn allen seinen Freunden, womit im Dorf die Legende von meiner Gewalttätigkeit zu kursieren begann.

Also musste ich den Zaun erneut verstärken, die Überwachungsmaßnahmen ausbauen und, in einem Wort, meine Kriegsbereitschaft erhöhen. Der Nachbar verfügt inzwischen über einen Wachhund, ich überlege mir einen Revolver zu kaufen. Wohin ist meine alte Ruhe abhanden gekommen?

Ich bin bis oben hin voll von Argwohn und Hass. Der Geist der Gewalt hat sich meiner bemächtigt.

Früher war ich ein Mensch. Jetzt bin ich ein Eigentümer.