Anhaltende Repression gegen AnarchistInnen in Spanien

Mit der „Operación Ice“, einem erneuten Repressionsschlag, verhaftete der spanische Staat durch die Policia Nacional am 4. November 2015 fünf AnarchistInnen in Madrid. Innerhalb einer Woche, denn bereits eine Woche vorher, am 28. Oktober, gab es eine erste Welle als Teil der gegenwärtigen Operation, verhaftete spanische Polizei 14 AnarchistInnen. Einmal mehr versucht der Staat die Bewegung zu zerschlagen und greift dabei auf die Waffe der Anti-Terror-Gesetze zurück. Mit den Repressionsschlägen gingen und gehen immer auch mediale Hetzkampagnen einher, die ein weiteres Mal die tatsächliche Rolle der Medien als Teil der Repression und der Unterdrückung deutlich machen, denn diese sprachen von den verrückten AnarchistInnen, von gefährlichen, aber isolierten Randgruppen, etc. Sie rechtfertigen die repressiven Maßnahmen, Gesetze und Verfolgungs-Maschinerie, indem sie eine „Gefahr für die Gesellschaft“ herauf beschwören. So schlagen sie sich offensichtlich, selbst für die größten Idioten sichtbar, auf die Seite der Herrschaft, der Ausbeutung und deren physischen Strukturen.

Am 28. Oktober wurden in den katalanischen Städten Manresa und Barcelona zehn Häuser und soziale Zentren Razzien unterzogen, wobei die Bullen neun Leute festnahmen, wovon acht – sechs von ihnen gegen hohe Kautionen (4000-5000Euro) entlassen wurden. Der Letzte dieser neun wurde nach angeordneter Untersuchungshaft, im November auf Kaution aus dem Knast entlassen. Alle neun sind nun unter dem Anti-Terror-Paragraphen angeklagt, ihnen wird die Mitgliedschaft in einem fiktiven Ableger der GAC (Koordinierte Anarchistische Gruppe) vorgeworfen. Die Grupos Anarquistas Coordinados ist eine offene Koordinationsstruktur, die subversive Texte veröffentlicht und aus dieser hat der Staat eine Terrororganisation konstruiert, die einen öffentlichen und einen konspirativen Arm besitzen soll. Das bedeutet, dass der Staat eine terroristische Organisation erfindet, die zu seinen Anti-Terror-Gesetzt passt und die somit verfolgt werden kann.

Der Terrorismus ist nichts Neues…

Die jüngste Welle an Durchsuchungen, Inhaftierungen und Anklagen ist Teil einer anhaltenden Repressionswelle und Hetzkampagne gegen die anarchistische Bewegung innerhalb des spanischen Staats. Vor der „Operación Ice“ gab es die „Operación Pinata“ im März 2015, mit 15 verhafteten Personen in Madrid, Barcelona, Palencia und Granada. Vor der „Operación Piñata“, die „Operación Pandora“ im Dezember 2014. Damals gab es Razzien in 14 Häusern und sozialen Zentren. Dabei verhafteten die Bullen 11 AnarchistInnen in Katalonien und Madrid. Die nun um Oktober und November Verhafteten hatten die Gefangenen vom Dezember 2014 unterstützt, wobei diese wiederum zwei anarchistische Gefangen aus Chile, die nun seit mehr als zwei Jahren im spanischen Folterregime F.I.E.S. (Isolations-Untersuchungshaft) sitzen. Ihnen wird vorgeworfen, Sprengsätze bei einer Kirche und einem Dom gelegt zu haben. (Monica und Francisco sind Angeklagte aus dem Caso Bombas in Chile, siehe dazu: anarchistische Straßenzeitung „Fernweh“ nr.7, Januar 2007)

In den letzten drei Jahren sind 68 AnarchistInnen vom spanischen Staat wegen Verstößen gegen das Anti-Terror-Gesetz angeklagt worden, wobei der Anti-Terror-Artikel („Bildung einer terroristischen Vereinigung“) den Repressionsorganen enorme Möglichkeiten bietet, was Überwachung und Verhaftungen angeht. Mit der Legitimation der „Terrorismusbekämpfung“ ist es den Staaten ein Leichtes revolutionäre Bewegungen und Zusammenhänge zu verfolgen und einzusperren. Die Staaten nutzen auch jede Gelegenheit, wenn die Angst vor dem Terror geschürt wurde, ihre Strukturen auszubreiten und ihre Möglichkeiten zu erweitern. Was wir nun erneut lernen werden ist, dass kein Ausnahmezustand eine Ausnahme bleibt.

In Spanien folgte nach dem Bürgerkrieg (1936-1939) die Diktatur unter Franco, die, wie schon zuvor die Monarchie, AnarchistInnen rigide verfolgte. Aber nach dessen Tod 1975 und dem Übergang zu Demokratie nahm die lange repressive Tradition gegen AnarchistInnen, KommunistInnen, sowie nationale Autonomie-Bewegungen kein Ende. Noch immer versucht die Regierung jede Form von Widerstand zu zerschlagen, jeden Akt der Rebellion und der Revolte mit Anti-Terror-Gesetzen, Repression und langen Knast-Urteilen im Keim zu ersticken.

…Wer sind die Terroristen?!

Charakterisiert den Terror doch die Wahllosigkeit bei den Zielen und den Mitteln, so ist der Terrorismus immer schon eine staatliche Tugend gewesen, mithilfe dessen er die Bevölkerung terrorisierte, Angst und Schrecken verbreitet und alle an ihren Plätzen zu halten versuchte, so sind Worte nun zu einer Waffe gegen alles geworden, das die staatliche Ordnung irgendwie bedrohen könnte. Es waren noch nie die Leute, die die Worte definierten, sondern immer der Staat, und seine Interessen sind eindeutig andere. Seine Terrorismus-Keule ist nichts neues in seinem Repertoire der Befriedung und Unterdrückung, vielmehr dient sie ihm schon lange zur Bekämpfung durch harte Repression, aber auch Spaltung und folglich Vereinnahmung von Bewegungen. Aber eine starke Solidarität sollte sich nicht dadurch beeindrucken lassen, denn Knast ist immer eine Eventualität, die jeden treffen kann. Unsere Stärke muss in solchen Momenten darin liegen, einmal mehr aufzustehen und für unsere Ideen rebellisch einzustehen.

Wir befinden uns in einer Zeit der repressiven Restrukturierung und blicken nach vorne in eine Zukunft voller Konflikte und diese sieht der Staat auch kommen, dementsprechend bereitet er sich vor; so wurde in der Schweiz ein neues Nachrichtendienstgesetz, das dem Vorratsdatenspeicherungsgesetz in Deutschland (ab Dezember 2015) in nichts nachsteht, verabschiedet. Des weiteren ist eine Verschärfung des Versammlungsgesetzes und die Schaffung einer neuen Gefährder-Datei in Österreich auf dem Weg. Dies sind nur wenige Bespiele in einem globalen Panorama des Ausbaus der Repression, die sich in eine Reihe eingliedern mit gegenwärtigen Ausnahmezuständen in Frankreich und Belgien, und der Militarisierung der Gesellschaft, dem Bau von neuen Knästen in Belgien, dem Bau eine Polizei- und Justizzentrums in Zürich und dem Bau des (Straf-) Justizzentrums in München-Neuhausen.

Der Staat ist der Terrorist! Solidarität mit den vom spanischen Staat verhafteten AnarchistInnen! Freiheit für alle Gefangenen!