Gedanken zum G7-Gipfel und den Gegenprotesten

Wenn sich Vertreter von sieben Ländern treffen um über ihre zukünftige gemeinsame Politik in Sachen Wirtschaft, Krieg und Krisenprävention zu beraten und sich dafür im hinterwäldlerischsten Schloss Bayerns verschanzt von 26.000 Polizisten schützen lassen, die Reisefreiheit einschränken und auch mal, wie 2007 beim G8 Gipfel in Heiligendamm geschehen, Spähpanzer und Kampfflugzeuge zur Überwachung von Protestierenden einsetzen, dann offenbart das vor allem ihre maßlose Arroganz. Ihre Arroganz gegenüber den Opfern und Kollateralschäden ihrer Politik, gegenüber den wirklichen Problemen derer, die sie zu vertreten verpflichtet wären, die Arroganz gegenüber jenen, die unter den Folgen der Herrschaft, die sie optimieren, stetig leiden, fliehen, sich Tag für Tag schinden, in Knäste und Lager gesperrt werden, verbittern und durchdrehen, resignieren und verwelken. Doch die Arroganz der Herrschenden ist ein zweischneidiges Schwert: So kann der im Angesicht dieser Arroganz empfundene Ekel dazu führen den kleinen Haufen der sich versammelnden Regierenden als die Entscheidungselite zu verteufeln, die überall die Fäden zieht, und sich so die Illusion zu machen, dass die Macht ein Zentrum hat. Die Scharen an Gegenprotestierenden, die sich durch etliche Polizeikontrollen quälen um – zwar weit abgeschirmt – aber zumindest in der Nähe dieser Elite demonstrieren zu dürfen, zementieren diese Illusion unwiderruflich. Die Illusion den Protest an die Pforten der Regierenden bringen zu müssen um sich Gehör zu verschaffen und diesem symbolisch aufgeladenen Treffen ein Symbol des „Dagegen-Seins“ entgegensetzen zu müssen um ins Auge zu fallen. Egal ob sie „mehr Demokratie“, eine „antikapitalistische Gegenmacht aufbauen“, „Alternativen anbieten“ oder gar den „Staat dekonstruieren“ wollen, verwenden die Polit-Aktivisten die selbe Methode: Das Erzeugen eines Spektakels, eines schillernden Events, der die eigene Partei bzw. Gruppe in das beste Licht stellen soll, das Versammeln von möglichst großen Massen, die möglichst laut ihre Inhalte in die Öffentlichkeit bzw. die Linsen der Journalisten tragen sollen und somit das möglichst massenhafte Protestieren, das legitimen Einspruch gegen das illegitime Handeln der Herrschenden signalisieren soll. Egal ob sich der Protest eines Gegengipfels, einer Großdemo oder einer symbolischen Blockade bedient, bleibt er ein von der Lebensrealität der Akteure getrennter krampfhaft erzeugter Event, der das Scheitern im eigenen Kontext zu kämpfen und gegen konkrete Aspekte der Macht zu revoltieren, zeigt. Der Kapitalismus bedarf für sein Funktionieren keiner Gipfeltreffen. Erst der Blick auf das Terrain auf dem wir stehen und leben zeigt uns, wo Herrschaft permanent ausgeübt und optimiert wird. Machen wir ein Beispiel: Hierarchien und Machtkreisläufe arbeiten in Befehlsketten, die etliche Vermittler brauchen. Ist ein Medium der Vermittlung oder Versorgung beschädigt, bleiben die folgenden Glieder der Kette unverbunden und so ist der Kreislauf durchbrochen. Wenn wir in Gedanken an den im Zuge des G7-Gipfels eingeführten Polizei-Digitalfunk denken oder an die Energie- und Verkehrsflüsse, die die moderne Metropole benötigt, dürften wir einige Anhaltspunkte auf der Suche nach sensiblen Punkten im Herrschaftssystem finden. Allerdings dürften diese wohl nur jenen Orientierung bieten, die sich nicht damit begnügen wollen ungehörten Einwand gegen das Handeln anderer zu erheben und stattdessen viel eher nach eigenen Handlungsmöglichkeiten suchen um mit der Herrschaft zu brechen.

 

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